Kommentar zur Ablehnung des Stoffwindelzuschusses 2020

Im Jahre 2020 wurde bereits einmal ein Stoffwindelzuschuss beantragt. Die Verwaltung der Stadt Köln hat mit folgender Begründung abgelehnt:

„Die Verwaltung nimmt wie folgt Stellung:
Laut Recherche der Verwaltung werden in einigen kleineren Kommunen Stoffwindeln bezuschusst. Der Zuschuss liegt in der Regel bei 30 bis 40 Euro. So wird im Kreis Tübingen ein Zuschuss von 30 Euro gezahlt.
Er wird aus Haushaltsmitteln finanziert, und es wird ein Höchstbetrag des Gesamtzu- schusses festgelegt.
Grundsätzlich begrüßt die Verwaltung, wenn die Bürgerinnen und Bürger Abfälle vermeiden. Es ist jedoch schwierig, jedes abfallbewusste Verhalten zu bezuschussen.
Wenn Einwegwindeln verwendet werden, fällt mehr Abfall an. In der Regel reicht dann das Mindestbehältervolumen von 20 Litern pro Person und Woche nicht aus und es muss ein größerer Behälter bestellt werden. Durch den Einsatz von Stoffwindeln kann Behältervolumen eingespart werden. Dies bietet bereits einen finanziellen Anreiz.

Der Verwaltungsaufwand für die Förderung von Stoffwindeln wäre relativ hoch und kann nicht aus Gebühren finanziert werden.
Gleichzeitig müsste dann auch sonstiges abfallbewusstes Verhalten gefördert werden. Dies ist jedoch nicht durchführbar.

Mit der AWB Köln GmbH wurde abgestimmt, dass der Einsatz von Stoffwindeln als weiterer Vorschlag zur Abfallvermeidung in das Informationsangebot für die Kölnerinnen und Kölner aufgenommen wird.

Die Verwaltung spricht sich daher gegen eine Bezuschussung von Stoffwindeln aus.“

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Hier mein Kommentar zum abgelehnten Stoffwindelzuschuss:

Leider sind die Anschaffungskosten für Stoffwindeln zunächst einmalig hoch, jedoch ist es auf die Wickelzeit ein günstigeres Wickelsystem. Zudem führen Wegwerfwindeln zu erhöhtem Müllaufkommen, was wiederum zu erhöhten Kosten der Entsorgung führt. Daher fordern wir einen Windelzuschuss mindestens in gleicher Höhe, wie die Städte die Müllbeseitigung der Einwegwindelnutzer fördern.
Ziel des Stoffwindelzuschusses ist es, die finanzielle Einstiegshürde für die Anschaffung von Stoffwindeln zu verringern. Die Kosten betragen je nach ausgewähltem Stoffwindelsystem zwischen 250€ und 500€. Ein Stoffwindelzuschuss motiviert Eltern dazu, Stoffwindeln zu testen und auszuprobieren, denn moderne Stoffwindeln sind einfach in der Handhabung und Pflege - und haben nichts mehr mit dem alten Bild des Auskochens im Kochtopf zu tun. Und ja, sie sind bei korrekter Pflege auch wesentlich nachhaltiger als Wegwerfwindeln.
(Quelle: Studie der Life Cycle Initiative der UN https://www.lifecycleinitiative.org/wp-content/uploads/2021/03/UNEP-D003...)

Inzwischen beträgt der Stoffwindelzuschuss bei vielen Gemeinden bis zu 300€. Ganz neu seit dem 01.01.2022 mit dabei: die Stadt Kiel mit einer Förderung von 200€ im Rahmen des Zero.Waste Vorhabens der Stadt, also dem gleichen Vorhaben der Stadt Köln.

Alle Städte mit Stoffwindelzuschuss lassen sich hier finden: [Link entfernt]

Selbst wenn die Förderung „nur“ beim niedrigsten Betrag von 30€ liegen sollte - 30€ wäre beispielsweise der Preis einer Überhose und einigen Einlagen. Diese in das Stoffwindelsystem investierten 30€ lassen sich pro Woche etwa 6 mal verwenden und können damit in einer Wickelzeit von 3 Jahren bis zu 936 Einwegwindeln ersetzen.
Natürlich ist es schwierig jedes abfallbewusste Verhalten zu bezuschussen, jedoch machen laut BUND Wegwerfwindeln etwa 10% des Gesamtmüllaufkommens der Restmülltonne aus und stellen damit die größte Einzelposition dar. Müll, den sich jede junge Familie einsparen könnte, wenn nicht die finanzielle Einstiegshürde bei Stoffwindeln so hoch wären.
Finanzieller Anreiz durch das Wegfallen einer weiteren Restmülltonne mag für alle Besitzer von Einzeltonnen existieren, jedoch wohnt ein Großteil der Kölner Bevölkerung in Mehrfamilienhäusern mit großen Sammelmülltonnen, bei denen die Müllgebühren äußert selten prozentual nach Müllaufkommen eines Haushaltes umgelegt werden. Die Kosten der Entsorgung der Windeln bleibt also für viele Eltern unsichtbar.

Der Verwaltungsaufwand und die damit verbundenen Kosten müssen natürlich mit der Stadt abgestimmt werden. Als Zero Waste City sehe ich die Stadt Köln allerdings definitiv in der Verantwortung sich um dieses Thema zu kümmern und Eltern aktiv zu unterstützen, Stoffwindeln zu verwenden.

Die AWB Köln unterstützt das Vorhaben Stoffwindeln aktuell im Nachhaltigkeits-Guide mit folgendem Absatz: „Stoffwindeln sind nachhaltiger als Wegwerfwindeln. Konventionelle Windeln werden u.a. aus Cellulose hergestellt, die aus Holz von Bäumen gewonnen wird. Bis zu 5000 Windeln werden pro Kind benötigt. Ein Set Stoffwindeln besteht dagegen aus etwa 24 Windeln verschiedener Größen, die mit dem Kind mitwachsen und nicht immer wieder neu gekauft werden müssen.“
Das impliziert, Wegwerfwindeln bestehen zu einem großen Teil aus Cellulose, dabei ist das der geringste Teil der Windel. Hauptbestandteile sind Polyethylen (wasserdichte Hülle), Superabsorber und ggf. Cellulose (Saugkern) und Polypropylen (Vlies-Trennschicht zum Saugkern). Letztendlich steckt also ein großer Teil Plastik in den Windeln, im Schnitt 12gr, woraus 5gr aus Erdöl gewonnen wird. Komplett plastikfreie Einwegwindeln existieren auf dem Markt leider bisher nicht. Wieso das ein Problem ist?
Der nasse und verschmutzte Windelmüll muss unter Aufwendung von viel Energie in unseren Müllverbrennungsanlagen beseitigt werden, wobei nicht abbaubare Produkte wie verdünnte Salpetersäure, Elektrofilterasche sowie organische Giftstoffe zurückbleiben,welche als Sondermüll eingelagert werden müssen.
Leider lässt sich auf der AWB Köln Website keine weiteren Informationen zu Stoffwindeln finden, hier wäre zB ein Stoffwindelguide angebracht und weiterführende Links zu Kölner Verkaufsstellen oder Beratungsangeboten.

Alternativ zum Stoffwindelzuschuss, kann ich mir auch eine Förderung von Beratungsleistungen für Stoffwindeln vorstellen. Hier können Eltern unverbindlich alles über Stoffwindeln lernen, diese in die Hand nehmen und Probe wickeln.

Möchte Köln wirklich als Zero-Waste-City auftreten ist das Thema „Unterstützung von Stoffwindeln“ unabdingbar, um einen großen Teil des Haushaltsmülls einzusparen.
Ich hoffe, die Stadt Köln nimmt sich dieses Thema im Rahmen der Zero-Waste-City mehr zu Herzen als 2020, denn wir wollen ja alle gemeinsam unseren Kindern eine lebenswerte Welt hinterlassen.

Kommentare

Top recherchiert und

Top recherchiert und argumentiert! Ich kann da in allen Punkten meiner Kollegin nur beipflichten.
Mit meinem Shop- & Beratungsangebot für Stoffwindeln in Köln, rede ich täglich mit jungen Eltern, die sich für Stoffwindel interessieren. Von denen bekomme ich oft das Feedback, dass sie sich wünschen die Stadt Köln würde mehr tun in Sachen Stoffwindeln: Bezuschussung und bessere Aufklärung.
Es ist definitiv kein Argument eine Müllvermeidungsmaßnahme nicht zu bezuschussen, weil man sonst alle unterstützen müsste. Irgendwo muss man einfach mal anfangen, und wieso nicht einfach am größten Posten?
Ich würde mich so unfassbar freuen, wenn die Stadt Köln mit einer der ersten Großstädten den Stoffwindelzuschuss bewilligt. Ganz vorne dabei für den Umweltschutz, für die Zukunft unserer Kinder! Alison von Kiobaj

Moderationskommentar

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Liebe*r Nutzer*in,
vielen Dank für Ihren Beitrag. Wir haben einen Teil Ihres Beitrages entfernt, da dieser der Dialogregel 7 widerspricht: "Werbung für kommerzielle Produkte, Dienstleistungen und private Internetseiten ist nicht zulässig.".
Vielen Dank für Ihr Verständnis und viele Grüße
Ihr Moderationsteam

Stoffwindeln retten die Welt

Dass Stoffwindeln offensichtlich der Schlüssel zu einer glücklichen Zukunft in intakter Umwelt und perfektem Klima sind, haben nach dem Lesen der zahlreichen Beiträge zu diesem bislang sträflich unterbewerteten Thema vermutlich alle verstanden. Auf nochmalige Wiederholung kann daher ggf. verzichtet werden.

Wieso triggert Sie das Thema so?

Angenommen jedes Kind, das 2021 geboren wurde, würde mit Stoffwindeln gewickelt werden, könnte man sich in 3 Jahren Wickelzeit knapp 14000 Tonnen Müll einsparen. Das sind 70 Millionen Windeln, also bei 5gr Erdöl pro Windel 350 Tonnen Erdöl allein für alle Kölner Kinder von 2021. Also ja, es wäre ein beträchtlicher Beitrag zum Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Und natürlich ist das nur EIN Aspekt, wie man etwas Gutes tun könnte, aber anscheinend haben viele Eltern den gleichen Gedanken, dass eine Förderung von Stoffwindeln dem Gemeinwohl nutzen kann ;)