Natur und Umwelt

Biodiversitäts-Projekte auf Kölner Friedhöfen

Ergänzed zu den Vorschlägen von Herrn C. Walter möchte ich folgende Anregungen für den Umgang mit den 55 Friedhöfen in der Großstadt Köln machen:
Will man wissen, wie eine Stadt ist, schaue man sich auf ihren Friedhöfen um. Wenn man gemnäß diesem Goethe Zitat wissen will, wie es um die Natur unserer Stadt bestellt ist, so gehe man auf die Kölner Friedhöfe. Neben ihrer ursprünglichen Bestimmung fungieren alle Kölner Friedhöfe mit ihrem Bestand an Bäumen, Gehözen, Hecken und Wiesen . . .
1. als grüne Oasen der Stillen Erholung
2. als grüne Lunge , Frischluftquelle, Staubfilter, durch die jährlich pro Baum 100 kg Staub absorbiert werden..
3. als bedeutasame Elemente der städtischen Grünflächenkonzept, da sie am ehesten möglichen Raumansprüchen in puncto Flächenverbauch widerstehen könn(t)en.
4. als bedeutsame Stadt-klimatische Reguatoren: Sie produzieren einen eminent wichtigen thermischen Luftausgleich zu den bebauten Flächen, sie spenden Schatten, sie tragen zur Vedunstung und damit zur Ankühlung bei.
5. als Vorhalte-Standorte einer Vielzahl an Kleinst-Biotopen und damit reale Orte der Biodiversität: Alleeen, Altbäume, Baumgruppen, Efeu-Gräbern, extensiv gepflegte Grabparzellen, Friedhofsgebäude, Friedhofsmauern, Gehölze, Gehölz-Säume, Grabmonumente, Gruften, Hecken, Kompost, Rasen, Wasserstellen, Wege, Wegränder, Wiesen u.v.a.m.
6. als Refugium der Natur für Flora und Fauna. Naturnahe Friedhöfe bieten spezielle Rückzugsräume fü in der Stadt bedrohte Pflanzen und Tierarten und tragen mit ihrem refugialen Biotopmosaik zum Erhalt der Biodiversität in urbaner Umwelt bei.
7. Eine - wenn auch nicht vollständige Bestandserfassung - kommt auf 459 Farn-Arten und & Blütenpflanzen, davon 11 Flechtenarten, auf 20-60 Moosarten (maximal evtl sogar 120 Arten !!!), auf 224 Pilzarten, auf 128 Baumarten (darunter 45 einheimische & 47 fremdländische)
8. sehr viele einheimische, aber auch fremdländische Gehölze, also Baum-, Strauch und Buscharten, erfüllen in den Biozönosen (Lebensgemeinschaf- ten) der Friedhöfe wichtige Funktionen als Vogelschutz-, Vogelnähr- und Vogelnistgehölz. Sie sind elementare Lebensräume während der Brutzeit und verfügen über wichtige Nahrungsangebote und Rückzugsräume. während der Vogelzugzeit?!: Bessere Trittsteine als Friedhöfe in den Betonwüsten der Großstädte gibt es nicht !!!.
9. Ähnliche Funktionen wie Schutz, Nahrungsangebot, Deckung, Kinder-stube, Habitat und vieles mehr bieten die angesprochenen Gehölzarten im Rahmen der Biozönosen auch für andere Tergruppen. Denken wir nur an alle die Baumarten, die als Bienenweide für unseren gefährdeten Bestand an Wildbienen eminent wichtig sind: Efeu, Hasel, Liguister, Robinie, Ross- Kastanie, Sommer- und Winterlinde, Weißdorn, Stachelbeere, Stechpalme. Allein die Stieleiche biete 200-300 Pflanzen-fressenden (phytophagen) Insektenarte Nahrung und Unterschlupf.
10. Allein mehr als 70 Gehölz-Arten könnten als Leitarten des Natur-schutzes fungieren, sind sie doch Habite für Schnecken, Wanzen, 48 Spin- nenarten, 224 Schmetterlingsarten, Amphibien, Reptilien, 50-60 Vogelarten, Fledermäuse und Säugetieren.
11.Resümee: Durch das gesamte Arten-Inventar auf den Kölner Friedhöfen wirtd Eines sehr deutlich:
Neben den 23 Kölner Naturschutzgebieten und FFH- Flächen sind die 55 Kölner Friedhöfe mit die wichtigsten refugialen Überlebensräume für bedrohte Arten aus der urbanen Tier- und Pflanzenwelt.
12. Ein weiterer bedeutsamer Faktor ist die mosaikartige Verteilung zwi- schen den Kölner Grünzügen und dem Inneren und Äußeren Grüngurtel. Sie stellen damit eminent wichtige Biotopvernetzungs-Verbindungen für wandernde, rastende oder sich ausbreitende Tier und Pflanzenarten her.
13. Gerade vor diesem Hintegrund gilt es, im Rahmen der Kölner Stadtplanung die innerstädtischen Friedhöfe nicht nur als zu bewahrende, zu entwickelnde Kultur-, sondern auch als zu schützende Naturäume zu begreifen.
14. Die durch veränderte Nutzung frei werdenden Gräberflächen und -Parzellen könnten sich bei einem klugen Areal-Manegement auf jedem Kölner Friedhof als ideale Standorte für geeignete Biodiversitäts-Projekte nutzen lassen. Darin lieg das Potenzial der 55 Kölner Friedhöfe!
Ausgehend vom aktuellen Forschungsstand der Wissenschaft gibt es hinreichend prioritäre Tier- und Pflanzenarten, die als Leitarten eines solchen Biodiversitäts-Projektes eignen würden, angefangen von Tag- & Nachtfaltern, über Amphibien bis hin zu Kleinsäugern und Vögel.
15. Zwei spezielle Vorschläge zum Abschluss:
Ein Labyrinth- nach dem ehemaligen Finkens-Garten Modell - in einer
Langraswiese auf dem Dünnwalder Friedhof; Naturerlebnispädagolik,
Insektenschutz...
Artenschutzprojekt für Tag und Nachtgreife auf dem Ostfriedhof,
Kartierung von Biotop- und Horstbäumen und Monitoring der
brütenden Greifvögel. (Greife, Nahrungskette, Bioindikatoren etc...)

Kommentare

perfekt

Liebe(r) Natu Schuh,

besser kann man es nicht zusammenfassen!!!
Vielen Dank.
Genauso sind die Fakten und ich habe große Hoffnung, dass auch die Stadt Köln und das Grünflächenamt diese wahrnehmen und danach handeln.
Alles andere wäre tatsächlich ein Skandal!
Ich habe auf dem Kalker Freidhof ein Biotop initiiert und bin begeistert wieviel Leben dort herrscht- welche Vielfalt sich ansammelt.
Das ist wohltuend für die Tiere, aber auch für die Menschen.
Diese Oasen müssen bestehen und ausgebaut werden!
Danke für Deinen/ Ihren Beitrag! :)

großartiger Beitrag!

für mich, als klassischen Großstadtmenschen, der zwar die Natur sehr liebt, aber die ich maximal in der Lage bin, ein paar wenige Bäume zu definieren - liest sich Ihr Beitrag so spannend wie ein Krimi. Herzlichen Dank, dass Sie uns an Ihren umfangreichen, botanischen Kenntnissen teilhaben lassen und freundliche Grüße!

Herzlichen Dank!!!

Herzlichen Dank für den fachlich fundierten und ausführlichen Beitrag!!!