Zusammensetzung des Bürgerrates
Zusammensetzung des Bürgerrates
Der Bürgerrat sollte die Kölner Stadtbevölkerung hinsichtlich soziodemografischer Kriterien möglichst gut widerspiegeln. Die folgenden Kriterien wurden vor Beginn der Zufallsauswahl festgelegt:
- Wohnort: Stadtbezirk
- Altersgruppe: 16 bis unter 18 Jahre / 18 bis unter 30 Jahre / 30 bis unter 45 Jahre / 45 bis unter 60 Jahre / 60 und älter
- Geschlecht: Mann / Frau / Divers
- Höchster berufsqualifizierender Abschluss: Kein Abschluss / abgeschlossene Berufsausbildung / Hochschulabschluss
- Haushaltsform: 1-Personenhaushalt, Mehrpersonenhaushalt, Haushalt mit Kind(ern), Seniorenhaushalte
- Migrationshintergrund: Ja / Nein
- Verkehrsverhalten: Mit welchem Verkehrsmittel sind Sie innerhalb der Stadt am häufigsten unterwegs? Auto / ÖPNV / zu Fuß / mit dem Fahrrad
Das Merkmal „Mensch mit Behinderung“ wurde bei der Zufallsauswahl nicht explizit berücksichtigt. Im Einladungsschreiben wurde jedoch hervorgehoben, dass Menschen mit Behinderung ausdrücklich willkommen wären und Unterstützungsangebote erhalten würden. Zusätzlich konnten Menschen mit Behinderung über Multiplikator*innen gezielt eingeladen werden.
Rekrutierung der Teilnehmer*innen
Rekrutierung der Teilnehmer*innen
Die Rekrutierung der Teilnehmer*innen erfolgte in mehreren Schritten:
1. Einladung der Kölner*innen auf zwei Wegen
a) per Brief: Eine Stichprobe von 7.000 Personen wurde aus dem Melderegister gezogen. Dabei erfolgte bereits eine Quotierung entlang der Kriterien Geschlecht, Wohnort und Alter. Da sich junge Menschen erfahrungsgemäß seltener zurückmelden, wurden Personen zwischen 18 und unter 30 Jahren bei der Ziehung aus dem Melderegister überproportional berücksichtigt. Ebenso überproportional berücksichtigt wurden Personen aus dicht besiedelten Stadtteilen. Die ausgewählten Personen wurden per Brief zur Teilnahme am Bürgerrat eingeladen. Der Brief wurde in einfach verständlicher Sprache verfasst. Es wurde darauf hingewiesen, dass Teilnehmer*innen Unterstützung bekommen, wenn sie diese benötigen. So konnten verschiedene Barrieren abgebaut werden. Es gab einen gesonderten Hinweis, dass auch Sprachmittler*innen eingesetzt werden konnten.
b) über Multiplikator*innen: Über die Einladung per Brief wurden bereits viele Bürger*innen jenseits der Menschen, die sich bereits regelmäßig engagieren, erreicht. Dennoch gibt es bestimmte Gruppen, die auch auf diesem Wege nur schwer erreicht werden und in öffentlichen Debatten meistens nicht ausreichend Gehör finden. Dazu zählen beispielsweise Menschen mit Armutserfahrungen, niedrigem Einkommen, eingeschränktem Bildungszugang, Migrationshintergrund oder Behinderung. Um sicherzustellen, dass auch diese „stillen Gruppen“ angemessen im Bürgerrat repräsentiert werden, wurde ein Teil der Teilnehmer*innen über Multiplikator*innen eingeladen.
2. Registrierung der interessierten Kölner*innen
Die per Brief oder über Multiplikator*innen eingeladenen Personen konnten online auf dem Beteiligungsportal der Stadt ihr Interesse an einer Teilnahme am Bürgerrat registrieren. Dabei machten sie Angaben zu ihrem soziodemografischen Hintergrund. Um das Registrierungsverfahren möglichst inklusiv und niedrigschwellig zu gestalten, bestand zusätzlich die Möglichkeit, sich über einen Rückmeldebogen per Post zu registrieren. Insgesamt gab es über die verschiedenen Wege circa 1.400 Anmeldungen für die Teilnahme am Bürgerrat. Damit lag die Rückmeldequote mit knapp 20 % deutlich über der aus Erfahrungen erwarteten Rückmeldequote von fünf bis zehn Prozent.
3. Auswahl der Teilnehmer*innen
Aus den eingegangenen Rückmeldungen wurden die 60 Teilnehmer*innen anhand der zuvor festgelegten Kriterien ausgewählt. Die Personen, die über Multiplikator*innen eingeladen wurden, wurden bei der Zufallsauswahl zuerst berücksichtigt.
4. Versand der Bestätigungsmails
Die 60 ausgewählten Teilnehmer*innen erhielten per Mail oder Brief eine Zusage für ihre Teilnahme am Bürgerrat. Alle weiteren Personen erhielten den Hinweis, dass sie zunächst nicht würden teilnehmen können, aber weiterhin im Pool möglicher Nachrücker*innen waren. Infolge einiger Absagen wurden auf diesem Wege insgesamt acht Personen nachrekrutiert.
Regeln der Zusammenarbeit
Regeln der Zusammenarbeit
Zum Auftakt der ersten Sitzung erhielten die Teilnehmer*innen die Gelegenheit, eigene Regeln für die Zusammenarbeit und den Umgang miteinander aufzustellen. Das Ergebnis wurde an einer Pinnwand dokumentiert und bei allen folgenden Sitzungen sichtbar im Raum aufgestellt.
C. Ehrchen
Training
Training
Demokratie passiert nicht von allein. Sie ist darauf angewiesen, dass alle Beteiligten dieselben Spielregeln anerkennen und verstehen, wo und wie sie einen konstruktiven Beitrag leisten können. Dazu wurden am ersten Abend einige Übungen angeboten – die gleichzeitig auch zum Kennenlernen beitrugen.
• Einführung
Was genau ist ein Bürgerrat? Wofür investieren wir alle unsere Freizeit? Was ist unser gemeinsames Ziel und wie können wir es erreichen? Diese wichtigen Fragen wurden am Anfang anschaulich beantwortet, um eine gemeinsame Basis zu schaffen.
• Gesprächsregeln
Wie oben dargestellt konnten alle Teilnehmer*innen Vorschläge machen, wie sie gerne zusammenarbeiten würden.
• Gesprächstypen
In einem Gruppenprozess steckt viel Psychologie. Hier wurden den Teilnehmer*innen einige typische Profile vorgestellt, wie verschiedene Menschen sich in Diskussionen verhalten. Anschließend wurden sie eingeladen, sich selbst einzuschätzen und sich mit ihren Sitznachbar*innen darüber auszutauschen.
Input durch Expert*innen
Input durch Expert*innen
Die Mitglieder des Bürgerrates verfügen über Erfahrungen und Wissen über die Realität in ihren Quartieren. Sie sind somit die „Expert*innen vor Ort“.
Ziel der Einbindung von Expert*innen in Bürgerräten ist es, den Teilnehmenden wichtiges Fachwissen zu vermitteln. Durch Beiträge von Expert*innen erhalten die Mitglieder Zugang zu Fakten und verschiedenen Perspektiven auf diese Realität. So können sie sich ein eigenes Urteil über Herausforderungen und mögliche Lösungsansätze bilden. Im Bürgerrat “Mobil im lebenswerten Quartier” erfüllten die Expert*innen zwei Rollen: Sie boten als Inputgeber*innen eine Einführung in die Thematik und unterstützen die Teilnehmer*innen zum Teil während der Kleingruppendiskussionen auf Nachfrage mit ihrem Fachwissen.
Folgende Expert*innen waren am Bürgerrat beteiligt:
• Barbara Pauli, Mobilitätsplanerin im Amt für nachhaltige Mobilitätsentwicklung der Stadt Köln › Input: “Der nachhaltige Mobilitätsplan” (Sitzung 1)
• Anne Klein-Hitpaß, Leiterin des Forschungsbereichs Mobilität beim Deutschen Institut für Urbanistik10 › Input: “Warum wir Mobilität in unseren Städten neu denken müssen” (Sitzung 1)
• Prof. Dr. Roman Suthold, Dozent für Mobilitätsmanagement und Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Fresenius › Input: “Notwendiger Autoverkehr in Städten” (Sitzung 2)
• Dr.-Ing. Peter Apel, Geschäftsführer des Planungsbüros STADTKINDER GmbH11 › Input: “Kinder und Jugendliche in der Verkehrs-/ Stadtplanung” (Sitzung 2)
• Dr.-Ing. Alexander Rammert, Geschäftsführer von STRATMO12 › Input: “Vom Superblock zum Kiezblock – Hintergründe und Erfahrungen zu Superblock-Konzepten in Berlin” (Sitzung 2)
• Clara Walther von der Initiative Winzerveedel13 und
• Philipp Kahnert vom Superblock-Verband NRW14 und der Bürgerinitiative LebeVeedel15 › Input: Interview zu Praxisbeispielen aus Köln und NRW (Sitzung 2)
• Dr. Raphael Karutz, Leitung des Stabstelle Bürgerbeteiligung der Bundesstadt Bonn › Input: “Bönnsche Viertel und Klimaviertel” (Sitzung 3)
Wissensvermittlung
Wissensvermittlung
Die inhaltliche Grundlagenarbeit wurde nicht nur durch Expert*innen geleistet. Die Teilnehmer*innen selbst konnten sich auf vielfache Weise einbringen. Gerade ihr Alltagswissen aus den Quartieren wurde zu einem wichtigen gemeinsamen Ausgangspunkt.
• Interviews
Anstelle von Vorträgen wurden einige Themen im Gespräch zwischen mehreren Personen vorgestellt.
• Q&A (Fragerunde)
Im Laufe der Sitzungen beteiligten sich immer mehr Personen mit Fragen und ließen neue Diskussionen entstehen.
• Exkursion
Für das Thema Straßenraumgestaltung war eine Begehung des umliegenden Quartiers ein wichtiger Faktor für die Veranschaulichung.
• Austausch mit Expert*innen
In den Kleingruppen kamen immer wieder Wissensfragen auf, zu denen die anwesenden Expert*innen wichtigen Kontext liefern konnten.
Reflexion
Reflexion
Bei so viel Information in so kurzer Zeit braucht es Raum und Zeit, diese zu verarbeiten.
• Stillarbeit
Zu Anfang einer neuen Thematik oder im Anschluss an einen Inputvortrag erhielten die Teilnehmer*innen mehrmals Zeit, sich einmal selbst Gedanken zu machen – mit Hilfe von Notizen, Zeichnungen oder einfach so.
• “Murmelgruppen”
Mancher Gedanke kommt erst, sobald er ausgesprochen wird. Da die Größe des Bürgerrates ein Hemmnis darstellt, eigene Gedanken sofort zu äußern, wurden „Murmelgruppen“ genutzt. In diesen konnten sich die Mitglieder mit ein bis zwei Personen austauschen, die in ihrem unmittelbaren Umfeld saßen. So konnten sich die Teilnehmer*innen zunächst leise miteinander austauschen und ihre Ideen sortieren.
• Zeit zwischen Sitzungen
Kein eigentliches Format, aber sehr wohl Teil der Methode: In den Wochen zwischen den Sitzungen konnten die Teilnehmer*innen das Gelernte und Erlebte sacken lassen, neuen Fragen nachgehen und neue Impulse in die nächste Sitzung mitbringen.
Deliberation
Deliberation
Das Kernstück der deliberativen Demokratie: Eine Diskussion, in der nicht alle sofort Recht behalten wollen, sondern ein Problem von verschiedenen Seiten beleuchten und gemeinsam versuchen, den Kern zu verstehen – um erst dann über Lösungen zu sprechen.
• Kleingruppenarbeit
Knapp die Hälfte der Zeit verbrachten die Teilnehmer*innen in Gruppen von 8 bis 10 Personen, in denen jede*r zu Wort kommen konnte. Dort wurde über konkrete Fragen gesprochen und ein Großteil der Empfehlungen formuliert.
• Modellarbeit
Stadtplanung ist ein großes Puzzle. In verschiedenen Arbeitsgruppen konnten die Teilnehmer*innen eigene Modelle einer Wohnstraße oder eines Quartiers zeichnen und bauen und anhand dessen die möglichen Zielkonflikte ausloten.
• Schlaglichter
Nicht jede Diskussion muss lückenlos für alle anderen Gruppen nacherzählt werden. In der Regel präsentierten die Teilnehmer*innen die wichtigsten Erkenntnisse aus ihren Kleingruppen. Dies war zugleich eine Hilfestellung für die einzelnen Gruppen, sich auf Prioritäten zu einigen.
• Galerie
Nicht jede*r Teilnehmer*in muss zu jedem Thema alles im Detail mitbekommen. In bestimmten Fällen hatten die Teilnehmer*innen die Wahl, sich näher mit den Ergebnissen derjenigen Gruppen zu beschäftigen, die sie besonders interessierten.
• Plenum
Bestimmte Fragen lassen sich nur gemeinsam beantworten. Zum Abschluss der Sitzungen, bei Vorträgen von Expert*innen und für den letzten Schliff an den (Teil-)Ergebnissen trafen sich die Teilnehmer*innen in der großen Runde.