Zukunft im Otto Langen Quartier - Reallabor
Sehr geehrter Bezirksbürgermeister Fuchs,
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit sehr großem Interesse verfolge ich seit langer Zeit die Entwicklung im Otto Langen Quartier. Der kürzlich erfolgte Teilkauf des Geländes (ehem. Hauptverwaltung KHD) durch die Stadt war ein richtiger Schritt. Nur so ist es der Kommune möglich Stadtplanung kontrollierbar und abgekoppelt von Profitinteressen in eigenen Händen zu halten.
Nun geht es darum das Gebiet weiter zu entwickeln. Wichtig wäre in diesem Rahmen auch, die restlichen Flächen des Otto Langen Quartiers (NRW Besitz und ein kleiner Teil Gerch Group) in städtischen Besitz übergehen zu lassen. Eine Direktvergabe vom Land an die Stadt ist wünschenswert.
Zu den Planungen sind Elemente wie Wohnen, Arbeiten, Grün, Ökologie bereits im Gespräch, ebenso der Denkmalschutz. Diese Worte sind aber zunächst nur Worte. Dahinter verbergen sich je nach Standpunkt völlig unterschiedliche Vorstellungen und Meinungen.
Für mich persönlich wäre wichtig:
Rückkehr von raum13 - die Politik hat sich mehrfach dahingehend geäußert, nun aber, etwa im Erklärvideo, ist nichts davon zu sehen oder zu hören. Dabei hat raum13 in seinen Symposien und Zukunftswerkstätten zwischen 2018 - 2020 sehr wesentliche Gedanken und Ideen unter Beteiligung vieler Fachleute entwickelt. Das dort erarbeitete Wissen ist wertvoll und kann genutzt werden. Persönlich erinnere ich mich an mehrere erlebte Themenabende, Gespräche, von Architekten vorgestellte Konzepte. Hier wurde viel erarbeitet. Wir sollten dieses Wissen abfragen und nutzen.
Kern wäre eine langfristige, behutsame Stadtplanung als Reallabor unter Beteiligung vieler Menschen. Eine Stadtplanung unter Beteiligung von Kunst, Kultur und Ökologie.
Viel zu oft wurden in bisherigen Planungen zu schnelle und zu rasche Fakten geschaffen, Architekturen gebaut, die wohl im fortschreitenden 21. Jahrhundert wenig Sinn machen.
Nur 4 Beispiele:
Trotz propagierter Verkehrswende erfolgen die meisten Planungen für Wohngebiete unter der Prämisse des Automobils. D.H. große Tiefgaragen, versiegelte Flächen, Straßenführungen für den PKW - und: wenig Platz für Kinder, Fahrräder, Grün etc.
Im Otto Langen Quartier könnte es erprobt werden.
Grünanlagen folgen immer noch dem Parkgedanken der 1950er Jahre. Wir benötigen aber ökologische Pflanzmodelle gegen Austrocknung der Böden mit möglicher Humusbildung, Busch- und Krautzonen, Wasserflächen für das Stadtklima, kleine "Stadtwildnisse" für den Artenschutz im urbanen Bereich- Konzepte gibt es.
Im Otto Langen Quartier könnte es erprobt werden.
Die funktionalen Strukturen der Wohngebiete sind oftmals monoton und wenig lebendig, von den gewachsenen Strukturen der Stadt eher abgekoppelt. Das beste Beispiel dafür ist der Rheinauhafen, ein Retortengelände innerhalb der Stadt. Ein zu rasch und zu strikt angelegter Bebauungsplan im Otto Langen Quartier birgt solche Gefahren. Wir benötigen eine langsame Entwicklung und eine viel gemischtere Nutzung als die bisher (Erklärvideo) angedachte Variante. Wohnen, Arbeiten (auch durchaus produzierendes Gewerbe!!! - ich kenne Betriebe die zur Abwanderung genötigt wurden, weil ihnen in der Stadt die Existenzberechtigung abgesprochen wurde), Ateliers, Büros, Gastronomie, Theater, Schauräume, Bühnen, Urban Gardening, Spielen, Alt und Jung, bürgerschaftliche Baugenossenschaften, kleinteilige Architekturmodule, dies sind notwendige Schritte.
Im Otto Langen Quartier könnte es erprobt werden.
Zuletzt die Kunst, die Kultur: Atelierflächen sind in Köln eine teure Mangelware geworden! Kunst und Kultur sind aber maßgebliche Faktoren, weshalb Menschen in Städten leben wollen, Museen, Theater, Konzerte, Ausstellungen - Köln inszeniert sich sehr gerne als Kunststadt, als weltoffene Metropole mit Flair und Herz und Charme. Findet man diesen Charme, diese lebendige Szene im Rheinauhafen? Im neuen Clouth Quartier? Am neu errichteten Butzweiler Hof? Im Neubaugebiet Widdersdorf? So gut wie nicht!
Das Otto Langen Quartier bietet hier für Köln vielleicht die letzte Chance etwas zu ändern. Der ständig wachsende finanzielle Druck auf Atelierflächen ist derart gestiegen, das ein Ausbluten der kreativen Szene bevor steht. Es fehlen bezahlbare Arbeitsräume, bezahlbare Wohnungen! Reden Sie etwa einmal mit den "Kreativen" beispielsweise im gerne "umschwärmten" Ehrenfeld! Es wird sie bald nicht mehr geben! Es wird zu teuer!
"Die Künstler" und "die Krerativen" sind keine Paradiesvögel die irgendwo schöne bunte Bilder malen. Es sind Menschen, die sich in vielfach vernetzter und interdisziplinär angelegter Weise auch mit dem Phänomen Stadt, Umwelt, Ökologie, Soziologie, Ästhetik beschäftigen. Kunst ist kein Luxus für den Sonntag, Kunst ist Aneignung und Produktion von Wirklichkeit für den alltäglichen Lebensgebrauch. Eine Ästhetik der Stadt muss wachsen, sie muss einen Geist haben, der eine Stadt spezifisch und unterscheidbar macht. Kunst ist ein Standortfaktor, der "genius loci"! Sie erschafft Unverwechselbarkeit! Sie schafft das authentische Element! Der Dom, die Hochgotik, die romanischen Kirchen, dies sind die besten Beispiele für derlei Prozesse. Köln wirbt ständig damit! ABER: Die Hochgotik ist lange vorbei. Wo ist das Neue! Wo ist das Herz, der Geist der Stadt? Der Motor?
Im Otto Langen Quartier könnte es erprobt werden!
Holen Sie bitte raum13 zurück! Die Menschen rund um raum13 haben zu vielen dieser hier kurz dargelegten Gedanken schon Wesentliches entwickelt. All dies kann zusammen mit weiteren Akteuren eingebracht werden in ein Otto Langen Quartier der Zukunft.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Stöcker
(Persönliche Daten wurden entfernt)
Moderationskommentar
Sehr geehrter Herr Dr. Stöcker,
vielen Dank für Ihren Beitrag. Wir haben zum Schutz Ihrer persönlichen Daten Ihre Adresse und Telefonnummer entfernt.
Viele Grüße
Ihr Moderationsteam