Otto-Langen-Quartier als Kölner Modell für innovative Stadtentwicklung
Otto-Langen-Quartier als Kölner Modell für innovative Stadtentwicklung
Der Rat der Stadt Köln hat 2020 mit großer Mehrheit gewünscht, für das Otto-Langen-Quartier eine ganzheitliche, gemeinwohlorientierte Quartiersentwicklung anzustoßen. Es soll ein nicht vordringlich an kommerziellen Interessen ausgerichteter Nutzungsmix aus Wohnen, sozialen, kulturellen und gewerblichen Nutzungen entstehen. Auf von klassischen Investoren entwickelten Arealen, ist das aus ökonomischen Gründen nicht möglich.
In Köln besteht ein großer Bedarf an Räumen für Projekte und Nutzungen, die nicht monetär messbare Mehrwerte schaffen und sich daher nicht auf dem normalen Immobilienmarkt versorgen können. Dennoch sind sie für die Lebensqualität und die Zukunftsfähigkeit der Stadt wichtig, wenn nicht sogar notwendig, um zukunftsweisende neue Möglichkeiten auszuprobieren.
Wir wünschen uns, dass die Stadt Köln in einem partizipativen Prozess mit ihren Bürger*innen gemeinsam ein Konzept entwickelt, das weit über die Anforderungen, die im Rahmen des kooperativen Baulandmodells an private Investoren gestellt werden können, hinaus geht, um neue und beispielgebende Modelle des Wohnens, des Wirtschaftens, sozialer und kultureller Projekte zu ermöglichen. Die Stadt Köln braucht Experimente und wegweisende Vorbilder, um ihre - nicht zuletzt klimaneutrale - Zukunft zu gestalten. Es muss geprüft werden, ob eine solche modellhafte Entwicklung als Argument für eine Direktvergabe des Grundstücks an die Stadt dienen kann.
Ein erheblich größerer Anteil an geförderten und preisgedämpften Wohnungen, an bezahlbaren Räumen für Kunst und Kultur und soziale Nutzungen dienen dem Wohl aller Kölner*innen im Sinne der kommunalen Daseinsvorsorge und begründen die Direktvergabe durch das Land. Erst diese erhöhten Maßstäbe verdienen den Titel „gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung“.
Eine solche gemeinwohlorientierte Entwicklung ist von einem normalen Immobilien-Entwickler vor dem Hintergrund eines Bieterverfahrens mit Höchstgebot nicht leistbar. Für das Gelingen einer solch besonderen Aufgabe ist über die Fähigkeit, ein Gelände sinnvoll wirtschaftlich entwickeln zu können, hinaus das Engagement einer Vielfalt von Akteuren erforderlich, das in einem eigens hierfür entworfenen Aktivierungs- und Beteiligungsprozess eingebunden wird. Diese Akteure sollen als spätere Nutzer*innen die Möglichkeit erhalten, eigene Projekte umzusetzen. Das ist nur mit einem guten Konzeptverfahren machbar, in dem Grundstücke mit einem Festpreis an die besten Konzepte vergeben werden.
Welche Projekte und Nutzungen die gewünschte Vielfalt ergeben, kann nicht von Planer*innen vorab festgelegt, es soll in einem kooperativen Prozess gemeinsam entwickelt werden. Dieser Prozess wird von erfahrenen Moderator*innen und Planer*innen begleitet und laufend transparent in die Politik und die Öffentlichkeit rückgespiegelt.
Kooperative Projektentwicklungen werden, wie z. B. beim Haus der Statistik in Berlin, bereits anderswo erfolgreich praktiziert. Die Stadt Köln sollte diese Erfahrungen nutzen und sich von den erfahrenen Akteuren beraten lassen, um ein für das Otto-Langen-Quartier passendes Verfahren aufzusetzen. Das Prozessdesign soll ein Bestandteil des Entwurfs sein und in den Rahmenplan aufgenommen werden. Diese neuartige, und von Marktakteuren nicht zu leistende Entwicklung ist ein weiterer Bestandteil der Begründung, warum das Land das Grundstück in Direktvergabe an die Stadt Köln vergeben soll.
Mit dem neuen Instrument des „urbanen Gebiets“ soll die Möglichkeit geschaffen werden, Wohnen, Kultur, Soziales, urbane Produktion weitestgehend zu verzahnen und experimentelle Lösungen, vor allem auch im Bestand, modellhaft auszuprobieren und zu fördern.
Um die Konzeptqualitäten dauerhaft zu sichern, ist es ratsam, die Grundstücke in kleinen Parzellen an eine Vielfalt von Projekten in Erbpacht zu vergeben. Ein dauerhafter Beirat aus Kölner Bürger*innen und externen Fachleuten sichert Transparenz, Qualität und Weiterentwicklung der Projektziele.
Das Netzwerk für gemeinschaftliches Bauen und Wohnen im hdak hat bei seinen Exkursionen nach Hamburg, Berlin, München, Wien und Tübingen eine Vielzahl von Projekten besucht, die von selbstorganisierten Gruppen und jungen Genossenschaften realisiert worden sind. Über die Errichtung von Wohnraum hinaus, entstanden so Quartiers-Treffpunkte, Läden, Büros, Coworkingspaces, integrative Wohngemeinschaften, Kulturorte – immer aus dem konkreten Bedarf vor Ort heraus, von den Menschen, die sie nutzen. Sie bereichern die Nachbarschaft, ermutigen zum Nachmachen, zeigen, was möglich ist, wenn Menschen ihre Träume realisieren.
Voraussetzung dafür ist aber immer, dass die Stadt diesen Wert erkennt und Verfahren aufsetzt, die solche Entwicklungen ermöglichen. Uns ist kein Fall bekannt, in dem ein Privatinvestor, der ein Areal zum Höchstgebot erworben hat, diese Projekte ermöglicht. Immer ist ein Verfahren nötig, das von kommunalen Trägern mit dem Ziel gesteuert wird, die besten Konzepte auszuwählen, ohne dass ein Preisgebot mitbewertet wird.
Damit auch in Köln eine solche gemeinwohlorientierte Entwicklung, die vom Rat der statt Köln gewünscht wird, die Chance erhält, zu zeigen, was jenseits des üblichen Immobilienmarktes möglich ist, darf es kein Bieterverfahren für das Otto-Langen-Quartier geben. Wir appellieren an den Rat der Stadt Köln, diese einmalige Chance nicht verstreichen zu lassen und aktiv ein Konzept zu entwickeln, das eine Direktvergabe des Landes an die Stadt Köln ermöglicht.
Almut Skriver, Netzwerk für gemeinschaftliches Bauen und Wohnen im hdak