Ein angemessener Anteil an gemeinwohlorientierten Nutzungen ??? Mit der Bitte um Konkretisierung im Sinne eines nachhaltigen Musterquartiers.

Sehr geehrter Herr Fuchs,
sehr geehrte Damen und Herren in Politik und Verwaltung,

ich schreibe Ihnen als ein für das Gemeinwohl engagierter Bürger sowie als Ideengeber, Gründer, Vorstand und Sozialarbeiter von JACK IN THE BOX e.V.

Den viefältigen Vorschlägen seitens der Akteure von Raum 13 sowie des Initiativkreises für das Otto-Langen-Quartier zu einer gemeinwohlorientierten Nutzung bei besonderer Betonung der künstlerischen Nutzungen und Potentiale schliesse ich mich vollumfänglich an.

Aber die langjährige hervorragende Vorarbeit der Akteure von Raum 13 und der vielen Netzwerkpartner wird m.E. nicht viel nützen, wenn nicht ein grundlegendes Problem sofort thematisiert, in seiner ganzen Tragweite verstanden und durch konkrete Vorgaben für die weitere Planung gelöst wird:

1. Einerseits heißt es: "Ziel der Planung ist es, das überwiegend leerstehende Areal mit einer nahezu vollflächigen Überbauung hin zu einem Gebiet mit einem angemessenen Anteil an gemeinwohlorientierter Nutzungen zu entwickeln." (Zitat aus dem Eklärvideo zu Folie 7)
Andererseits sollen sich Investoren in Kooperation mit Architekten für das Wettberwerbsverfahren bewerben.

Gemeinwohlorientierung und Investoreninteressen sind nicht kompatibel.

Das Gezerre um den angemessenen Anteil an gemeinwohlorientierten Nutzungen werden die Investoren zu ihren Gunsten entscheiden, zumal auch der Begriff Gemeinwohlorientierung höchst unterschiedlich interpretiert werden kann. Ich möchte hier nur an die “Unsichtbare Hand des Marktes” erinnern. Der durch den Ökonomen Adam Smith geprägte Begriff sollte implizieren, dass das eigennützige Streben aller Marktteilnehmer letztendlich dem Gemeinwohl dienen wird. Und auch in Ehrenfeld sehen wir ja gerade, was passiert, wenn Investoren zu freie Hand haben. Das Einzige, was dann unsichtbar wird, ist das Gemeinwohl.

2. Diese Problematik kann m.E. nur dadurch gelöst werden, indem die Wörter "angemessen" und "Gemeinwohlorientierung" durch klare Planungsvorgaben konkretisiert werden. Und wenn es nun wirklich darum gehen soll, eine Quartiersentwicklung mit besonderer Strahlkraft im Sinne der vielfältigen Vorschläge zu ermöglichen, muss der einer solchen Quartiersentwicklung angemessene Anteil an gemeinwohlorientierten Nutzungen einfach extrem hoch sein.

3. Und auch die Art der gemeinwohlorientierten Nutzungen sollte konkret benannt und in der Planung verortet werden, so dass auch deutlich wird, dass Gemeinwohlorientierung auch wirklich Gemeinwohlorientierung im Sinne künstlerischer und soziokultureller Nutzungen meint.

4. Es sollten auch die Grünflächen oder Hallen- und Versammlungsflächen sehr großzügig dimensioniert werden, gemäß dem Motto und Buchtitel des bekannten Architekten Jan Gehl: "Leben zwischen Häusern", so dass hier Raum für soziale Interaktion, urbane Landwirtschaft, etc. entsteht.

5. Sollten die Vorgaben der weiteren Planung aber schwammig und undefiniert bleiben, wird der Verkaufspreis astronomisch sein und das Motto mal wieder nur "Quantität statt Qualität" heißen.

6. Wenn Politik und Verwaltung es ernstlich erwägen, auch bei den weiteren Flächen von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen, müssen in der jetzt anstehenden Entwicklung der weiteren Vorgaben für die Planung, die Qualitätskriterien für ein nachhaltiges, kulturell lebendiges und von der sozialen Mischung ausgewogenes Musterquartier deutlichst und vielfältig hervortreten.

7. Jetzt oder nie ... jetzt ist Zeit. Ich wünsche Ihnen viel Mut, im Otto-Langen-Quartier einmal ganz anders zu planen. Die Stadtgesellschaft wird es Ihnen danken.

Mit freundlichen Grüßen,
Martin Schmittseifer